Die Reliquiare

Seit ihrem Tod wurden die Reliquien der Heiligen Waltraud mit Ausnahme der Jahre 1794 bis 1803 stets in Mons aufbewahrt. In der Tat gingen die Kanonissen in dieser Zeit in Deutschland ins Exil und nahmen die Reliquien mit, da sie befürchteten, die revolutionären Soldaten könnten sie beschlagnahmen. Seit 1250 werden Kopf und Gebeine der Heiligen in zwei verschiedenen Reliquienschreinen aufbewahrt, um den Gläubigen den Zugang zu diesen Reliquien zu erleichtern.

Das Kopfreliquiar

Es handelt sich um den Reliquienschrein mit dem Haupt der Heiligen Waltraud. Es wurde zunächst in einem Reliquienschrein aufbewahrt, der von Margarete von Konstantinopel, der damaligen Gräfin von Hennegau, geschenkt wurde. Im Jahr 1794 verschwand dieser Reliquienschrein jedoch. Das derzeit in der Stiftskirche befindliche Exemplar stammt aus dem Jahr 1867 und wurde von dem Goldschmied Bourdon aus Gent angefertigt. Im neugotischen Stil entworfen und aus Silber und Messing in Form eines Baldachins gefertigt, ist er mit farbigen Steinen und Cabochons verziert. Er ersetzte somit den Reliquienschrein von 1804 aus einfachem Holz.


 

Der Reliquienschrein

Der Reliquienschrein beherbergt derweil die Gebeine der Heiligen Waltraud. Ihre Reliquien wurden nach und nach in verschiedenen Schreinen aufbewahrt. Heute sind sie in einem Modell im selben neugotischen Stil wie das Kopfreliquiar aufbewahrt. Dieser aus dem Jahr 1887 Reliquienschrein ist aus vergoldetem Messing gefertigt und mit Edel- und Halbedelsteinen, Emaille und Cabochons verziert. Er ist von J. Wilmotte, einem Lütticher Goldschmied, gezeichnet. Er erinnert an die Form einer Kirche und zeigt wichtige Figuren: Christus und die Jungfrau mit Kind (an den Giebeln), die Heilige Waltraud mit ihren Töchtern einerseits und den Heiligen Vinzenz und seine Söhne andererseits, jede Gruppe von sechs Aposteln umgeben (auf beiden Seiten).

 
Gegenwärtig dominiert der Reliquienschrein den Chor der Stiftskirche, der über dem Hauptaltar angebracht ist und darauf wartet, am Samstag, dem Vorabend des Dreieinigkeitsfestes, heruntergenommen und auf den Car d’Or geladen zu werden.
 

Abstieg des Reliquienschreins der Heiligen Waltraud:

Am Samstag füllt sich die Stiftskirche im Laufe der Stunden bis am Abend die Menschen dicht gedrängt beieinander stehen. Das ist die Zeit, die Heilige von Mons wieder unter die Sterblichen zu bringen. Es handelt sich hierbei um einen der Höhepunkte des Wochenendes, sozusagen der Auftakt des Doudou, der traditionellen Ducasse von Mons. In diesem lang ersehnten wie feierlicher Moment entfaltet sich eine ganze Zeremonie unter den bewegten Blicken der Menge. Gegen 20 Uhr erklingen die ersten Töne von Trompeten, Pauken und Orgel. Eine Prozession mit den "Kanonissen" von Sainte-Waudru beginnt dann ihren Umzug von der Sakristei aus. Zum Klang des Fortem Virili pectore beginnt der Abstieg des Schreines. Der Bürgermeister ist anwesend, und ihm überträgt der Dekan die Aufgabe, am nächsten Tag während der Prozession über den Schrein zu wachen. In der Zwischenzeit hat die Öffentlichkeit das Privileg, das Reliquienstück berühren zu dürfen, das seine Stellung als Kultobjekt beibehalten hat. In dieser Phase der Zeremonie ist es die Luft des Doudou, die von überall her erklingt, auf den großen Orgeln gespielt und von den Zuschauern und der ganzen Stadt unisono aufgenommen wird.